1 Vers

Gleich im ersten Vers zeigt uns Laozi, wie er mit seiner Sprache umgeht. Er spielt damit. 
Der Begriff Dao wurde im alten China ursprünglich für den Lauf der Gestirne benutzt. Ob schon zu Laozis Zeiten eine Ausweitung auf das menschliche Leben vorgenommen worden war, oder durch seine Anwendung diese Deutung bekam, kann ich leider nicht sagen. Laut Ren Jiyu findet sich der Begriff erst bei Laozi als höchst philosophischer Ausdruck. Aber auch im Dao de Jing wird das Zeichen Dao gelegentlich auch in seiner Bedeutung von Weg, Straße benutzt. Jedenfalls wurde das gleiche Zeichen auch für reden, sagen, über etwas sprechen verwendet und so verwendet es auch Laozi. Dao ke dao fei chang dao. Das Dao von welchem wir reden können ist nicht das dauerhafte Dao. Indem wir reden, legen wir fest, aber Dao ist nicht festzulegen. 
Das gleiche Spiel in der zweiten Zeile: ming ke ming fei chang ming
Ming einmal als Name, Bezeichnung, als Nomen benutzt und dann gleich als Verb. Wir können in der Übersetzung dieses Spiel nur bedingt mitmachen. Der Name ist nicht das Benannte, die Landkarte ist nicht die Landschaft. 

Wofür wir keinen Namen haben, das, was jenseits des Benennbaren, Erklärbaren liegt, was nicht ist, das sei der Anfang von Himmel und Erde. Diese beiden, Himmel und Erde sind die synonymen Erscheinungsformen von Yang und Yin, aus ihrem Zusammenspiel, dadurch, dass wir sie schon benennen, kommen die 10.000 Dinge. Später geht Laozi näher darauf ein. Sobald wir Namen geben, beginnen die Dinge zu existieren. Wir machen Unterschiede.
Ohne Verlangen, wenn der Geist ruhig ist und nicht unterscheidet, sind wir fähig, das Geheime zu sehen. Gerät der Geist in Unruhe, und sei es nur um das Geheime zu beschreiben, so zeigen sich uns die Formen, die erkennbare Welt. 
Tatsächlich besteht kein Unterschied, aber die Zeichen, die wir benutzen sind andere.  Wir wissen nicht, woher es kommt und wir wissen nicht, wohin es entschwindet. Was gerade noch war, ist schon vorbei. Auftauchen und wieder untertauchen. Das Dunkle im Dunklen. Ein Geheimnis muss für immer ein Geheimnis bleiben. 

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